Framing in der Führung

Wie Sprache Realitäten schafft

 

Als ich vor einigen Jahren Elisabeth Wehlings Werk "Politisches Framing" las, wurde mir bewusst: Die Art, wie wir über Dinge sprechen, bestimmt maßgeblich, wie wir sie wahrnehmen und wie wir handeln. Als Strategieberater und Coach erlebe ich täglich, wie Führungskräfte unbeabsichtigt durch ihre Sprache Realitäten schaffen – manchmal förderliche, oft aber auch hinderliche. In Zeiten zunehmender Komplexität und Unsicherheit wird die bewusste Gestaltung unserer kommunikativen Rahmen wichtiger denn je. Dieser Artikel beleuchtet die Macht des Framings in der Führung und zeigt praktische Wege auf, wie Sie diese Erkenntnisse für erfolgreiche Transformation nutzen können.

Die Wissenschaft hinter dem Framing

Framing ist weit mehr als geschickte Wortwahl. Die Neurowissenschaft zeigt uns: Frames sind tiefverankerte mentale Strukturen, die unser Denken und Handeln maßgeblich beeinflussen. Sie funktionieren wie kognitive Brillen, durch die wir die Welt wahrnehmen. Wenn wir beispielsweise von "Kostendruck" sprechen, aktivieren wir unbewusst ein ganzes Netzwerk von Assoziationen: Bedrohung, Einschränkung, Kampf. Sprechen wir hingegen von "Ressourcenverantwortung", öffnen sich andere mentale Räume: Gestaltung, Nachhaltigkeit, Weitblick.

Besonders interessant ist die Erkenntnis, dass unser Gehirn in Metaphern denkt. Wenn wir von "Zielvereinbarungen" sprechen, aktivieren wir unbewusst das Frame einer Reise oder eines Wettkampfs. Diese metaphorischen Konzepte sind nicht nur sprachliche Verzierungen – sie strukturieren fundamental, wie wir über Führung und Organisation nachdenken.

Framing in der Führungspraxis

In meiner täglichen Arbeit mit Führungskräften begegnen mir immer wieder prägnante Beispiele für die Macht des Framings:

Eine Geschäftsführerin sprach konsequent von "Zukunftsgestaltung" statt von "Change Management". Die Wirkung war bemerkenswert: Statt Abwehrhaltung entwickelten ihre Mitarbeiter eine proaktive Gestaltungshaltung. Ein anderer Fall: Ein Bereichsleiter rahmte "Widerstand gegen Veränderung" neu als "Engagement für Bewährtes". Dies öffnete den Raum für wertschätzende Dialoge statt fruchtloser Konfrontation.

Besonders deutlich wird die Wirkung von Frames in der Krisenkommunikation. "Herausforderung" statt "Problem", "Anpassung" statt "Einschnitt", "Innovation" statt "Kostensenkung" – diese Frames aktivieren unterschiedliche neuronale Netzwerke und damit unterschiedliche Handlungsoptionen.

Die strategische Dimension des FramingS

Im Kontext meines Simplexity-Ansatzes spielt Framing eine Schlüsselrolle. Es hilft uns, Komplexität nicht zu vereinfachen, sondern zugänglich zu machen. Wenn wir beispielsweise von "Komplexitätsgestaltung" statt von "Komplexitätsbewältigung" sprechen, öffnen wir den Raum für kreative Lösungen.

Die strategische Bedeutung von Framing zeigt sich in verschiedenen Führungskontexten:

  • In der Veränderungskommunikation schafft es Orientierung und Motivation

  • In der Mitarbeiterführung prägt es Beziehungsqualität und Entwicklungsräume

  • In der Strategieentwicklung beeinflusst es Denk- und Handlungshorizonte

  • In der Organisationsentwicklung formt es Kulturmuster und Zusammenarbeit

Aktuelle Entwicklungen und Zukunftsperspektiven

Mehrere Trends unterstreichen die wachsende Bedeutung von bewusstem Framing:

Die zunehmende Polarisierung gesellschaftlicher Debatten macht deutlich, wie Frames Dialogräume öffnen oder verschließen können. Die steigende Bedeutung narrativer Führung in der VUCA-Welt zeigt: Wer überzeugende Frames setzt, gestaltet Wirklichkeit. Auch die Omnipräsenz sozialer Medien und der Einfluss von KI auf die Unternehmenskommunikation erfordern ein tieferes Verständnis von Framing-Mechanismen.

PRAKTISCHE HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN

Für die bewusste Arbeit mit Frames empfehle ich folgende Schritte:

1. Frame-Awareness entwickeln:

  • Welche Metaphern prägen Ihre Führungssprache?

  • Welche Assoziationen und Emotionen lösen Ihre häufig genutzten Begriffe aus?

  • Wo erzeugen Ihre Frames unbeabsichtigte Nebenwirkungen?

2. Frame-Alternativen entwickeln:

  • Sammeln Sie alternative Beschreibungen für wichtige Führungssituationen

  • Experimentieren Sie mit unterschiedlichen metaphorischen Konzepten

  • Beobachten Sie die Wirkungen verschiedener Frames

3. Strategisches Framing etablieren:

  • Entwickeln Sie bewusst förderliche Frames für Ihre wichtigsten Führungsthemen

  • Bleiben Sie konsistent in der Verwendung hilfreicher Frames

  • Reflektieren Sie regelmäßig die Wirkung Ihrer Kommunikation

Vertiefende Ressourcen

Für die weitere Beschäftigung mit Framing empfehle ich:

Grundlegende Literatur

  • Elisabeth Wehling: "Politisches Framing"

  • George Lakoff & Mark Johnson: "Leben in Metaphern"

  • George Lakoff: "Don't Think of an Elephant!"

Aktuelle Forschung

  • Studien zur narrativen Führung (z.B. vom Leadership Storytelling Lab der Stanford University)

  • Neurowissenschaftliche Forschung zu Sprache und Kognition

  • Aktuelle Arbeiten zur Frame-Semantik

Praktische Tools

  • Frame-Checker: Online-Tool zur Analyse von Kommunikationsmustern

  • Metaphern-Atlas für Führungskräfte

  • Frame-Reflexions-Canvas für Team

Fazit

Framing ist keine Manipulationstechnik, sondern eine fundamentale Dimension menschlicher Kommunikation und Kognition. Gerade in Zeiten transformativen Wandels wird die bewusste Gestaltung von Frames zu einer Kernkompetenz erfolgreicher Führung. Der reflektierte Umgang mit Framing ermöglicht es uns, Komplexität nicht zu vereinfachen, sondern durch geeignete sprachliche Rahmung handhabbar zu machen.

Als Führungskraft haben Sie die Chance und Verantwortung, durch bewusstes Framing Entwicklungsräume zu öffnen und eine zukunftsfähige Organisationskultur zu gestalten. Nutzen Sie diese Macht der Sprache weise und verantwortungsvoll.


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Elena Walczyk

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